FFA

Statement zur Veranstaltung des „Freiberger Forums“ am 8. März 2023

Am 8. März 2023 gestaltete das „Freiberger Forum“ eine Veranstaltung zum Thema „Ist die Coronaschutzimpfung sicher und wirksam?“ Dort hielt der Ingenieur Heiko Horn einen Vortrag, der aus einem von „Freiberg für alle“ initiierten „Offenen Brief“ Thesen zur Corona-Impfung herausgriff, um diese zu widerlegen. Bereits in diesem Ausgangspunkt finden sich zwei entscheidende Fehler. „Freiberg für alle“ hat im Dezember 2021 einen „Offenen Brief“ verfasst, der von über 5000 Menschen unterschrieben wurde. Dieser Brief kritisierte die den Rechtsstaat unterlaufenden sogenannten Montagsspaziergänge und insbesondere die Tatsache, dass rechtsradikale und rechtsextreme Gruppen und Parteien diese zu ihrer Bühne machten. Im Januar 2022 dagegen veröffentlichte „Freiberg für alle“ eine „Richtigstellung von Falschinformation zu Covid-Impfstoffen“, welche eine Initiative von zuletzt 74 Ärztinnen und Ärzten der Region war. In dieser Richtigstellung bezogen die Medizinerinnen und Mediziner Stellung mit drei zentralen Thesen:

  • Die Impfstoffe gegen Covid-19 sind sehr gut erprobt.
  • Die gute Wirksamkeit zeigt sich in der Verhinderung schwerer Verläufe und der Reduktion von Virusübertragung. Die Impfstoffe sind der beste Weg, die Pandemie zu verkürzen.
  • Die Sicherheit ist sehr gut, ernste Nebenwirkungen sind so selten, dass der Nutzen bei weitem überwiegt.

Der Referent nahm diese Thesen keinesfalls korrekt auf, sondern gab sie verzerrt und damit falsch wieder. Er räumte anschließend zwar ein, kein Mediziner zu sein und damit faktisch über keine fachliche Expertise zum Thema zu verfügen, dennoch behauptete er mit seinem Vortrag belegen zu können, dass entgegen der Einschätzung aller zuständigen Fachinstitute und entgegen der Überzeugung der großen Mehrheit der Mediziner weltweit die Covid-Impfstoffe weder wirksam noch sicher seien. Dass selbsternannte Experten und Internet-Belesene glauben, solch komplizierte Sachverhalte adäquat wissenschaftlich darstellen zu können, halten wir für naiv und anmaßend.

„Freiberg für alle“ lehnt einen solchen Umgang mit wissenschaftlichen Themen ab. Wir kritisieren, dass die Veranstaltungen des „Freiberger Forums“ von Behauptungen und Vermutungen geprägt sind, deren Quellen fragwürdig sind oder die verzerrt wiedergeben werden, für die es an Beweisen mangelt, die aber gezielt dazu eingesetzt werden, Zweifel an staatlichen und wissenschaftlichen Institutionen, an Medien und Rechtsprechung zu wecken und zu nähren. Ein besonders eindrückliches Beispiel stellte im Vortrag vom 8. März die Behauptung dar, die Covid-19-Schutzimpfungen würden zu einer erhöhten Krebsrate führen. Wie u. a. in einem Faktencheck der dpa nachzulesen ist, ist die Behauptung falsch (vgl. https://dpa-factchecking.com/germany/230201-99-435519/). Zugleich ist sie gefährlich, weil sie Menschen verunsichern und Hass erzeugen kann. Sie kann aber auch dazu führen, dass Krebspatienten sich nicht impfen lassen, obgleich Onkologen Ihnen eine Schutzimpfung ausdrücklich empfehlen.

Darüber hinaus fordern wir das „Freiberger Forum“, „Dialog für unsere Zukunft“ und andere aus den Freiberger Montagsspaziergängern hervorgegangene Initiativen erneut auf, sich klar von extremistischen Parteien, Initiativen und Argumentationen abzugrenzen. Diese Aufforderung war der Kern des eigentlichen „Offenen Briefes“ von „Freiberg für alle“. Bis heute sind die Verantwortlichen ihr nicht nachgekommen.

Zugleich ist „Freiberg für alle“ vom Geist der Toleranz geprägt. Toleranz heißt, andere Sichten auf die Wirklichkeit zu ertragen. Meinungsfreiheit ist uns ein hohes Gut. Dennoch ist hier klar zu unterscheiden zwischen Meinungen auf der einen, und Falschbehauptungen auf der anderen Seite.

Im Rahmen der Coronapandemie und den Maßnahmen zu ihrer Eindämmung wurden Fehler gemacht, deren politische und wissenschaftliche Aufarbeitung im Gange ist. Auch zivilgesellschaftlich wurden Fehler gemacht, indem sprachlich eskaliert wurde und so Verletzungen entstanden sind. Schon im Januar 2022 hat „Freiberg für alle“ im Blick auf die eigenen Initiativen dies eingeräumt und auf einer Kundgebung unter dem Titel „Hass und Hetze stoppen“ für ein verbales Abrüsten auf allen Seiten geworben (Link zur Rede).

In diesem Sinne werben wir auch gegenüber dem „Freiberger Forum“ um eine rhetorische und inhaltliche Abrüstung. Der Diktatursprech und die feindselige Diffamierung von Wissenschaft, Medien und Politik führen nicht zu einem Miteinander, das es uns ermöglicht, unsere widersprüchlichen Positionen zu ertragen. Zugleich sollte jeder Bürgerin und jedem Bürger bewusst sein, was die zentrale Frage dieser Auseinandersetzung ist, nämlich:

Woher beziehen wir als einzelne und als Gesellschaft unsere Informationen? Auf welchen Quellen gründen wir unsere Entscheidungen und wem vertrauen wir? In diesen Fragen muss jede und jeder Einzelne für sich Entscheidungen treffen und sich dabei über die Folgen für Mitmenschen und die Entwicklung unserer Gesellschaft bewusst sein.