Vor fast zwanzig Jahren ist Freiberg zu meiner Wahlheimat geworden. Ich bin sicherlich nicht der Einzige, den die Universität angelockt und die Stadt gehalten hatte. Zwischen Studium und ehrenamtlichen Engagement und später dann der Arbeit fühlte ich mich jederzeit wohl und in der Ferne willkommen.
Die Atmosphäre unterschied sich nicht sehr von der in meiner hessischen Heimat. Man trat mir neugierig gegenüber, wir lernten voneinander und so war meine Beziehung zu Freiberg lange Zeit sehr positiv. Das lag vielleicht daran, dass Freiberg vor mir keine Angst hatte. Warum auch, kam ich doch hierher, um mir ein Leben vor Ort aufzubauen, als einer von vielen Freibergern.
Neuem und Neuen neugierig gegenüber zu treten, gegenseitig voneinander zu lernen hat in Freiberg lange Tradition. Eine Stadt, die stolz auf ihre Akademie ist, die sie sogar im Namen tragen wollte, ist geprägt vom Austausch. Erfahrene und weitgereiste Lehrer kamen hierher um ihr Wissen zu teilen und neues mitzunehmen. Wissbegierige junge Menschen kamen mit neuen Ideen und dem Willen, etwas zu verbessern. Das brachte Freiberg über Jahrhunderte voran und ermöglichte es den Einwohnern, mit Stolz auf die Geschichte ihrer Stadt zu schauen.
Diesen Austausch zu verhindern, egal ob an der Universität, in den Firmen, den Vereinen oder auf den Straßen der Stadt, hieße Freiberg zu schaden. Denn Freiberg war zu jedem Zeitpunkt der Geschichte das Ergebnis des bisherigen Austauschs. Es darin einzufrieren nimmt der Stadt die Chance sie selbst zu bleiben, nämlich die Summe ihrer Geschichte und ein Freiberg für alle und ein Freiberg von allen.
Kai Winter